12. Oktober 2023: Teilnahme Dieter Boedeker als Vertreter der DOK an einer Gedenksteinenthüllung in Osterby zur Erinnerung an die dortige Bruchlandung eines B-17 Bombers vor 79 Jahren im Zweiten Weltkrieg

Vorgeschichte

Am 8. September 2023 besuchte Herr Thorsten Schulz die DOK und traf sich dort mit Dieter Boedeker, der ihn durch die Ausstellung und zu den Gedenkstätten in Barth führte. Herr Schulz beschäftigt sich seit einiger Zeit mit der Bruchlandung  der „American Maid“, einem durch Flakbeschuss schwergetroffenen B 17-Bomber der USAAF unweit des kleinen Dorfes Osterby bei Flensburg am 11. April 1944.  Es waren sicherlich dramatische Szenen, die sich am Bord abspielten und das Dorf entging wahrscheinlich knapp einem direkten Flugzeugaufschlag. Von den 10 Besatzungsmitgliedern der American Maid überlebten nur sechs den Absturz.

Thorsten Schulz hat die Aufzeichnungen seines verstorbenen Großvaters durchstöbert und akribisch die damaligen Ereignisse recherchiert und sogar die Nachkommen und Verwandten der damaligen Crew ausfindig gemacht und ist mit Ihnen in Kontakt getreten. Ein Grund, weshalb er den Kontakt zur DOK suchte war, dass der Co-Pilot der American Maid, William F. Kleine II, als einziger der Überlebenden ins Kriegsgefangener Stalag Luft I kam.

Dieter Boedeker erhielt von der Gemeinde Osterby eine Einladung an der Gedenksteinenthüllung in Osterby und der damit verbundenen Feierlichkeiten teilzunehmen.

Kurzbericht von der Veranstaltung

Zunächst einmal, es gibt (mindestens) zwei Osterbys, gar nicht so weit voneinander entfernt. Eins liegt westlich von Eckernförde, in dem ich beinahe gelandet wäre, aber das richtige liegt westlich von Flensburg, fast schon in Dänemark. Hier, mitten im Nirgends, war ein Zelt aufgebaut und der von Thorsten Schulz initiierte Gedenkstein wartete daneben auf seine Enthüllung. Es waren wohl fast 100 Personen anwesend, darunter vier Familien der überlebenden US-Flieger sowie der US General Konsul in Hamburg, Jason Chue, der auch für Mecklenburg-Vorpommern zuständig ist.

Die Familien der Überlebenden + Thorsten Schulz (größte Person vor dem Baum) + US-General Konsul Jason Chue (neben dem Stein halb kniend). Die Nachfahren von William sind in der Mitte des Bildes hinter dem Gedenkstein
Die Familien der Überlebenden + Thorsten Schulz (größte Person vor dem Baum) + US-General Konsul Jason Chue (neben dem Stein halb kniend). Die Nachfahren von William sind in der Mitte des Bildes hinter dem Gedenkstein

Vor der Enthüllung des Gedenksteins, einem Findling mit einer aufgesetzten zweisprachigen Plakette, hielten u.a. der Bürgermeister von Osterby, Thomas Jessen, Initiator Thorsten Schulz sowie Sprecher der einzelnen amerikanischen Familien kurze Reden. Bürgermeister Jessen betonte, dass nach Allem was man weiß, an der Absturzstelle Menschlichkeit vorherrschte und die Überlebenden von den Dorfbewohnern gut behandelt und versorgt wurden. Bis zum Eintreffen von deutschen Soldaten wurden sie von Menschen aus Osterby und Medelby zwar festgehalten, aber mit medizinischer Ersthilfe und mit Erfrischungen versorgt. Bill Kleine, Sohn des Co-Piloten und späterem Kriegsgefangenen in Stalag Luft I, hob hervor, dass die Osterbyer dafür gesorgt hätten, dass sein Vater hier überleben konnte und fügte hinzu: „Das hier ist eine Feier, ein Zeichen dafür, dass es viele gute Menschen gibt, die nur eines wollen, Frieden“! Seine Schwester, Sarajane (Kleine) Steinecker, ergänzte: „Der Kreis der Geschichte dieses Flugzeugs, der American Maid, und seiner Besatzung hat sich heute geschlossen.“ John Benjamin Totushek, Neffe des in Folge seiner Verletzungen gestorbenen Piloten, machte deutlich: „Es war keine Frage, ob, sondern wo die Maschine abstürzt.“ So war es wohl ein großes Glück, dass Osterby und seine Bewohner nur um Haaresbreite einer Katastrophe entgingen, die Maschine noch über das Dorf hinwegflog und nicht gar in die voll besetzte Schule stürzte.[1] Durch Recherchen und Zeitzeugenbefragungen von Thorsten Schulz kam ans Licht, dass Osterby tatsächlich nur knapp einer Katastrophe entgangen sein muss, denn wäre der Bomber nur zehn Meter tiefer reingekommen oder wenige Sekunden früher durch die Wolken gestoßen, wäre er wohl ins Dorf gestürzt.

Die Gemeinde Osterby hatte hervorragende Rahmenbedingungen für die Veranstaltung im Zelt einschließlich Simultanübersetzung und danach geschaffen. Im nahen Gasthof in Medelby war dann bei Kaffee und Kuchen Zeit für Gespräche und Klönschnack mit den geladenen Gästen und Zeitzeugen. Ich habe mit der Familie Kleine zusammen gesessen und hatte einen intensiven Austausch mit dem Sohn von William F. Kleine II, Bill, sowie seiner Tochter, Sarajane und deren Nachfahren. Sarajane übergab mir für unser Archiv ein Exemplar eines von der Y.M.C.A. herausgegebenen gebundenen Heftes von 1945, welches über den Alltag von amerikanischen Kriegsgefangenen in deutschen Lagern während des zweiten Weltkriegs (am Beispiel von Stalag Luft I) berichtet (auch im Netz, aber als Originalkopie wohl extrem selten: https://repository.tcu.edu/handle/116099117/44181).

Ebenfalls für die DOK bestimmt sind ein von William F. Kleine II und anderen POWs in Stalag Luft I aus silbernem Kaugummi- bzw. Zigarettenpapier handgefertigtes Fliegerabzeichen (Wing) sowie ein Tagebuch, welche uns bei passender Gelegenheit von Thorsten Schulz überreicht werden wird und noch gut in unsere Stalag Luft I – Vitrine passen sollte.

William-F. Kleine II mit dem Original-„Wing“ über der Brusttasche seines Uniformhemdes mit seiner Frau kurz vor seiner Versetzung zum Kriegsschauplatz Europa
In Stalag Luft I von William F. Kleine II und anderen aus silbrigem Kaugummi- bzw. Zigarettenpapier hergestellter Wing

Auf Bitte von Thorsten Schulz habe ich nach dem Kaffeetrinken den Anwesenden kurz unseren Verein vorgestellt und den Familien der US-Flieger sowie dem Dorfchronisten je ein Exemplar unseres Buchs „Stalag Luft I“ + einen Flyer überreicht. Dabei durfte ich nicht vergessen, dass von der Crew nur William F. Kleine II im Stalag Luft 1 war. Den Anderen erging es schlimmer, denn sie kamen ins berüchtigte Stalag 17B nach Krems (heutiges Österreich), waren nach der Befreiung teilweise  traumatisiert und berichteten auch von einem Todesmarsch.

Nach dem Abendessen spielte Pauls Brass Band auf und als die ersten Tänzer loslegten, musste ich nach Kiel zum Übernachten aufbrechen.

Eine richtige Bigband spielt nach dem Abendessen zum Tanz auf

Es ist schon erstaunlich, dass die kleine Gemeinde Osterby alle Kosten für die Feierlichkeiten inklusive Essen und Getränke übernehmen konnte.